Donnerstag, 25. Oktober 2007
Filmrezension zu "THE END OF THE NEUBACHER PROJECT"
THE END OF THE NEUBACHER PROJECT

Im Rahmen des Projekts, machten sich vier Schülerinnen der Klasse 11d auf den Weg, um in Nürnberg den Film “ The end of the „Neubacher project““ anzusehen. Vorgeführt wurde die Deutschlandpremiere, die im Zuge des Filmfestivals der Menschenrechte stattfand, im Filmhauskino.
Ein Film über die Menschenrechte. Drittes Reich auch noch. Was da einen wohl erwarten würde? Im Programm hieß es, dass der Regisseur Marcus J. Carney anwesend wäre und nach der Vorstellung für eventuelle Fragen zur Verfügung stand. Leider war dieser verhindert und die Premiere musste ohne ihn beginnen. Wer den Film mit einigen Vorurteilen begann, wurde spätestens nach fünf Minuten umgestimmt. Er war nicht so wie alle anderen, die man mehr oder weniger schon zur Genüge gesehen hatte. Es begann in den vier Wänden des Regisseurs, was dem Film schon das Feeling einer Homestory gab. Durch die ganze Geschichte zogen sich einige Interviews, die der Kameramann Marcus J. Carney mit seinen Familienmitgliedern führte. Der Regisseur gab seine Kamera nur einmal an seine Mutter ab, sonst filmte er den ganzen Film, zu dem er acht Jahre benötigte. Dadurch verschwommen die Grenzen zwischen „privat“ und „öffentlich“, da der Zuschauer durch die Art zu filmen direkt in die Familiengeschichte geworfen. Allgemein ging es um die familiäre Vergangenheit, während der Zeit des Nationalsozialismus. Seine Familie, von der einige Mitglieder hohe Tiere bei den Nationalsozialisten waren, lebte damals in Österreich. Durch ihre Befragung, versuchte er, deren Stellung zu den Verbrechen im Dritten Reich erforschen. Jedoch stieß Carney mit seinen direkten Fragen auf eine Mauer des Schweigens und der Ablehnung. Je öfter er mit seinen Verwandten über dieses Thema sprach, desto mehr wurde auch für den Zuschauer deutlich, worauf dieser Film eigentlich abzielen sollte.
Wenn man die Interviews genauer analysierte, stieß man auf die Familientragödie. Der Nationalsozialismus wurde nicht aufgearbeitet, sondern in das letzte Eck gekehrt. Doch Carney verstand es, sich von der Verdrängung, die seine Familie ausübte, zu distanzieren und in den verwinkelten Gassen der Geschichte nachzuforschen. Nicht zu vergessen ist die Großmutter des Regisseurs, die das Dritten Reich am intensivsten miterlebt hatte. Da sie bereits gesundheitlich etwas angeschlagen war, war es schwieriger mit ihr darüber zu sprechen und vor allem, weil sie es ablehnte, dazu befragt zu werden. Im Laufe des Films jedoch weicht sie auf und es kommt heraus, dass sie keinerlei Schuldgefühle gegenüber der begangenen Verbrechen hat und dass es nicht klar wird, ob sie den Nationalsozialismus verurteilt oder nicht. Ihr Mann und damit der Vater der Mutter von Carney, sagte einmal zu seiner Tochter: „Wenn du jemals einen Amerikaner oder einen Juden heiratest, erschieße ich dich.“ Der Großvater war schon gestorben, als sie dann die Ehe mit einem Amerikaner einging. Der Filmemacher führte auch ein Interview mit seinem zu der Zeit geschiedenem Vater, bei dem ersichtlich wurde, was für eine Last auf Carneys Mutter eigentlich lag: Sie musste balancieren zwischen ihrem Gewissen, das die historischen Fakten kannte und der Liebe zu ihren Eltern.
Am Ende des Films konnte man seine Mutter, schwer erkrankt an Krebs, im Krankenhaus sehen. Letztendlich starb sie dann auch wie ihre Mutter.
In einer letzten äußerst tragischen Szene sehen wir Carney beim Begräbnis seiner Mutter die Totenrede halten, in der er keinem der Anwesenden die Fakten der Verdrängung erspart. Dies wirkt umso stärker als er sich jede Selbstgerechtigkeit dabei verbietet.
Am Ende bleibt Carneys Mut als Aufforderung an andere Filmemacher und jeden der Film sieht: falls wir tatsächlich plötzlich die Wahrheit finden, die wir immer vorgeben zu suchen: können wir überhaupt damit leben? DAS NEUBACHER PROJEKT geht hier noch weiter: es zeigt uns wie.

Alles in allem kann man sagen, dass dieser Film zu nachdenken anregt und er betroffen macht, wie viel negativen Einfluss die Zeit des Nationalsozialismus noch heute auf unsere Gesellschaft und unser Verhalten hat.

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